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21.06.2021

Presse | Ob Elon Musk vom Dirt-Torpedo beeindruckt sein wird?

Bau der Mosbacher Tunnelbohrmaschine beginnt - Im September präsentieren die DHBW-Studenten ihre Entwicklung Elon Musk

Mosbach. (cao/pm) Tunnelbohrmaschinen (TBM) sind langsam, meist langsamer als eine Schnecke. Der Wettbewerb "Not-a-Boring Competition" von Tech-Multimilliardär Elon Musk sucht darum Teams mit neuen Ideen, und lädt zum Wettbohren in die Wüste Kaliforniens ein. Studenten der DHBW Mosbach schicken den "Dirt-Torpedo" ins Rennen, der nun gebaut wird.

"Wir haben seit der Erfolgsmeldung im Januar, dass wir als eines von nur zwölf Teams weltweit in der Finalrunde sind, einen Großteil unserer Freizeit in das Projekt gesteckt, neben Studium und Arbeit", erklärt Adrian Fleck, Teamleiter und Mosbacher Maschinenbau-Student. Gestartet als Idee unter Freunden auf einer Verlobungsfeier, reichten sechs Mosbacher DHBW-Studenten ihr Konzept als Studienarbeit ein. In Detailarbeit entstand der Dirt-Torpedo am virtuellen Reißbrett, die Abstimmung erfolgte coronakonform über Webkonferenzen. Doch irgendwann musste das virtuelle Konzept reale Gestalt annehmen, wenn ein realer Tunnel gebohrt werden soll. Hier begann die wirkliche Arbeit: Woher bekommt man Bauteile nach Maß? Wie haucht man der Maschine Intelligenz ein? Wie gelangt die TBM, immerhin von Gewicht und Maß mit einem Auto vergleichbar, in die USA?

Glücklicherweise fand das Kernteam der sechs Mosbacher Maschinenbauer und Elektrotechniker schnell zahlreiche Unterstützer. Konnten viele der anderen Teams an renommierten Elite-Universitäten auf bestehende Strukturen und Sponsoren sowie teils 50 Mitglieder zurückgreifen, musste das Odenwälder Team alles von vorne und in kürzester Zeit stemmen. Informatik-Studenten der DHBW Ravensburg Campus Friedrichshafen und ein Student und Absolvent der TU Darmstadt stießen zum Team und auch die Stiftung Pro DHBW Mosbach e.V. schaltete sich ein. Geschäftsführer Gerhard Lauth warb um finanzielle und materielle Unterstützung: bei Unternehmen der Region und darüber hinaus, bei Mittelständlern und Konzernen, damit das Team sich voll auf Technik und Entwicklung konzentrieren konnte.

Dass der Dirt-Torpedo innerhalb weniger Monate aufholen konnte, was die Konkurrenz bereits an Vorarbeit geleistet hatte, liege gerade am Zusammenhalt innerhalb der DHBW, ist sich Maschinenbauprofessor Dr. Gangolf Kohnen sicher, der das Team berät und unterstützt. "Die dualen Partner, Arbeitgeber der Studenten, haben viele Freiräume gelassen, damit das Projekt wachsen kann, die akademischen Arbeiten thematisch angepasst. Und sie sind teils auch selbst zu Sponsoren geworden. So ist der Dirt-Torpedo ein Paradebeispiel für die gelebte Dualität und die enge Partnerschaft zwischen Hochschule und Unternehmen."

Die gefertigten Teile werden aktuell bei drei Unternehmen in der Fuldaer Region gefertigt: FFT, Wassermann Technologie und Paul Himmelmann Werkzeug & Maschinenbau. Die Montage erfolgt am Ende in Hallen von FFT, bei denen drei der dualen Studenten arbeiten. Neben der DHBW ist daher auch die Wirtschaftsregion Fulda Förderer des Projekts. Komponenten wie Sensoren (Wika), Ventile (Bürkert) und Linear-Aktuatoren (Thomson Linear) sind dabei ebenso willkommen wie Rechenmodule (Syslogic) und Geldspenden: ebm-papst, Herrenknecht, MPDV, Mosca, Pink, Wayss & Freytag, Wika, Wittenstein und Würth sind dabei die Hauptsponsoren. In Summe beteiligen sich alle Partner mit mehr als einer Viertelmillion Euro in Sach- und Geldspenden.

n vier Punkten soll der Dirt-Torpedo den bisherigen Tunnelbohrmaschinen überlegen sein: Er soll sich schneller fortbewegen, präziser navigieren, den Abraum zügiger wegräumen und den Tunnel bereits beim Bohren auskleiden. Der Regenwurm diente dabei als Vorbild für die Fortbewegung der Maschine, die in drei modulare Segmente aufgeteilt ist: Das erste Segment bohrt sich wie ein klassischer Tunnelbohrer ins Erdreich und zerkleinert den abgetragenen Boden für den Weitertransport. Das mittlere Segment ist verantwortlich für den Vortrieb, ein drittes kleidet die Tunnelwand mit Beton aus und stabilisiert den Tunnel. Der gesamte Bohrer bewegt sich Segment für Segment kontinuierlich wie ein Wurm vorwärts.

Ein deutlicher Zeitvorteil, denn im klassischen Tunnelbau wechseln sich üblicherweise Bohrphasen mit Wartezeiten ab, in denen alles für den Vortrieb umgebaut und die Maschine versetzt wird.

Eine weitere Herausforderung ist das abgetragene Material, das nach der Zerkleinerung noch mehr Volumen hat als der Tunnel selbst. Der Abtransport ist aufwendig und zeitraubend. Der Dirt-Torpedo zerkleinert das Material, bevor es mit einem Saugbagger entfernt wird. Auch die Methode, die Tunnelwand mit vorgefertigten Beton-Teilen zu verschalen, hat das Team weiterentwickelt: In Kooperation mit Sika Deutschland entstand ein Beton-Liningsystem, das hinten an der Maschine angebracht ist. Es spritzt den Tunnel direkt während des Bohrens mit Beton aus und kann flexibel mit Kurven umgehen.

Damit der Dirt-Torpedo jederzeit weiß, in welche Richtung er bohren soll, wird die Position mit einem selbstentwickelten Lasersystem unter Zuhilfenahme von GPS ermittelt. Das Navigationssystem erkennt, wenn die TBM von der gewünschten Bewegungsbahn abkommt und steuert automatisch dagegen. Kurven sind damit ebenso möglich wie gerade Tunnelverläufe.

Die Unterstützung der Unternehmen endete jedoch nicht beim Maschinenbau. ebm-papst übernimmt die Zollabwicklung und den Transport der Maschine in die USA, ein ansonsten geradezu albtraumhaft zeitraubendes Unterfangen für das kleine Team. Vor Ort in der Wüste wird ein Saugbagger von RSP America auf die Wettbewerber warten. Siemens stellt die Server zur Verfügung, die den Bohrer präzise ans Ziel bringen sollen.

Der Zeitplan ist sportlich, denn der Wettbewerb findet bereits im September statt. Die Tunnelbohrmaschine wird wohl gerade passend fertig, für Verzögerungen und Fehlschläge bleibt keine Zeit, bevor sich der Dirt-Torpedo auf die Reise macht, um in der Wüste zu bohren.

 

Text: Rhein-Neckar-Zeitung

Foto: Team Dirt-Torpedo

https://www.rnz.de/nachrichten/mosbach_artikel,-mosbach-ob-elon-musk-vom-dirt-torpedo-beeindruckt-sein-wird-_arid,689731.html